Die folgende Geschichte begann mit einem Interview. Das Online-News-Portal watson.ch interviewte den Pornodarsteller Rocco Siffredi. Anlass war die Erotikmesse Extasia, welche in Basel
stattfindet. Im Vorwort des Interviews liess sich die Autorin Anna Rothenfluh zu folgendem Witz hinreissen: „Sperma hat jeder Mann. Aber kaum einer hat so viel wie Rocco Siffredi. Der Mann ist
schon in fast jedem Loch gewesen. Und wir reden hier nicht von Olten.“ Sie bediente ein Klischee, welches die ganze Schweiz kennt und wir persönlich bestätigen können. Olten ist ein Loch.
Watson.ch, gegründet im Januar 2014, bezeichnet sich selbst als „das andere Newsportal“. Ein Versprechen, dass es durchaus zu halten vermag. Die Berichterstattung bietet eine ausgewogene (aber
teilweise etwas tendenziöse) Alternative zu den anderen, hetzerischen und mehrheitlich bürgerlich geprägten Gratismedien, auf die so viele von uns gerne zurückgreifen. Als Chefredaktor waltet
Hansi Voigt und renommierte Journalisten wie etwa der Wirtschaftsschreiberling Phillip Löpfe hauen - neben einigen jungen Newcomern wie zum Beispiel Anna Rothenfluh - für die Plattform, zu teils
mehr, teils weniger ernsten Themen in die Tasten.
Und dies mit Erfolg. Bei der diesjährigen Vergabe der Preise zur Journalistin bzw. dem Journalisten des Jahres, verliehen durch den „Schweizer Journalisten“, schafften es gleich mehrere
Mitarbeiter von watson.ch in die vorderen Ränge ihrer Kategorien, inklusive der Redaktion als Ganzes (Platz 3, herzliche Gratulation dazu an dieser Stelle).
Aber kommen wir zurück zum Wesentlichen. Dem Eingangs erwähnten Spruch folgte ein Shitstorm sondergleichen. Auf Facebook-Seiten übten beleidigte Oltnerinnen und Oltner konstruktive Kritik. “Vo
dene watson zöri hipsters esch ou nix anders z‘erwarte gsi ...“ bemerkte ein echauffierter Bewohner der verhassten Stadt, „Hier geht es eigentlich nur um den plumpen Olten-Bezug. Alles
Weitere ist Rahmenhandlung.“ enthüllte ein anderer wenig bescheiden.
In Anbetracht dieser skandalösen Anschuldigungen sah sich die Autorin genötigt nur kurz darauf einen weiteren Artikel mit dem Titel: „Tschuldigung Olten, du bist denk das allerschönste Loch der
Schweiz!“ zu veröffentlichen. Darin holt sie aus, zu einer Lobpreisung die seinesgleichen sucht (in welcher Hinsicht auch immer). Anhand von handverlesenen Instagram-Bildern, zeigt sie der weiten
Welt des Internets die wunderbarsten Seiten der Dreitannenstadt. Ob nun die völlig menschenverlassene, aber immerhin (geschmacklos) weihnachtlich dekorierte Kirchgasse, den heissen(!) Mike
Müller, den Industriebahnhof, der wenigstens einen lustigen Namen trägt oder die fast übermenschliche Sprachbegabtheit des städtischen Volkes (Haha, OL10, ein Klassiker! Ihr Genies!). Das Logo
des Mäusevereins beschreibt sie übrigens als beängstigend. Treffend wie wir finden, zumindest in seiner Lächerlichkeit ist es das auf jeden Fall. Wahrhaftig all die tollen Facetten Oltens werden
wirksam präsentiert.
In einigen Punkten können wir ihr sogar zustimmen, der Himmel ist wirklich schön auf den Bildern (er war ja vorher im ebenso schönen Langenthal) und der gebürtige Langenthaler Pedro Lenz vermag
uns ebenfalls zu gefallen.
In einem späteren Artikel sucht Anna Rothenfluh schliesslich gemeinsam mit den watson-Usern die grässlichsten Löcher der Schweiz. Olten findet in der Aufzählung in Person der Kanti auch seinen
Platz.
Die ganze Geschichte beendet User ch2mesro schliesslich in der Kommentarspalte des letzten Artikels: „Olten ist ein Loch, sozusagen die Mutter aller Löcher! Ende der Durchsage.“ Amen.
Veröffentlicht im Schlittjournal vom 16. Januar 2016